Von der Lokalbahn zur S7

Mitte der 60er Jahre waren die Planungen für das S-Bahn-Netz München vertraglich abgesichert. Über eine Tunnelverbindung von München Hbf nach dem Ostbahnhof sollten alle Vorortstrecken geführt werden. Auf der Isartalbahn war Wolfratshausen als S-Bahn-Endpunkt vorgesehen. 1966 konnte München den Wettbewerb um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 1972 für sich entscheiden. Die S-Bahn-Planungen gerieten durch diese Wahl unter erheblichen Zeitdruck, mußte das S-Bahn-Grundnetz nun früher als geplant in Betrieb gehen. Angesichts der umfangreichen Bauarbeiten im gesamten Großraum München, stellte man den Ausbau der Wolfratshauser Strecke für einen S-Bahn-Betrieb mit Triebwagen der Reihe ET 420 und die Anbindung an die S-Bahn-Stammstrecke vorläufig zurück. Über den endgültigen Ausbau sollte später entschieden werden.

Mit Inbetriebnahme des Münchner S-Bahn-Netzes am 28. Mai 1972 richtete die DB zwischen München Hbf und Wolfratshausen deshalb nur die S-Bahn-Linie 10 mit lokbespannten Wendezügen ein. Die S 10 entsprach aber keineswegs dem Münchner S-Bahn-Standard. Die Züge verkehrten nur im 30/60-Minuten-Takt und günstige Verknüpfungspunkte mit den übrigen Verbundverkehrsmitteln waren fast nicht vorhanden. In München Hbf mussten die Reisenden zur Erreichung des Holzkirchner Flügelbahnhofs als Abgangsort der S 10 einen Fußmarsch von 10 Minuten einkalkulieren.

1976 waren die Planungen für eine Anbindung der sogenannten „Südstrecken“ (Wolfratshausen, Bayrischzell/Lenggries – Holz- kirchen) an die S-Bahn-Stammstrecke im Bereich des Haltepunktes Donnersberger Brücke unter Dach und Fach. Hierzu musste das Gleisvorfeld des Bahnhofs München Hbf mit einem 260 Meter langen Tunnel („Südstrecken-Tunnel“) unterfahren werden. Parallel zu dieser Baumaßnahme fanden auch die Modernisierung und der Ausbau der verbliebenen Isartalbahn zur S-Bahn statt. Hierbei wandelte die DB die Strecke von einer Neben- in eine Hauptbahn um. Die Erneuerung der sechs mechanischen und elektromechanischen Stellwerksanlagen durch drei elektrische Drucktasten-Stellwerke im Abschnitt Großhesselohe Isbf – Wolfratshausen war dabei eines der größten Vorhaben. Die Drucktastenstellwerke  Höllriegelskreuth, Ebenhausen-Schäftlarn und Wolfratshausen in der Bauform SpDrS60 übergab man am 29. Juli 1980 dem Betrieb. Die Automatisierung und Modernisierung der  meisten Bahnübergangsanlagen sowie die Ausrüstung der Strecke mit Zugbahnfunk zählte ebenfalls zum Ausbauprojekt. An das Stellwerk in Höllriegelskreuth sind seitdem die Signale und Weichen des Bahnhofs Baierbrunn, an das Stellwerk Ebenhausen-Schäftlarn die Blocksignale Hohenschäftlarn angeschlossen. Die Sicherungstechnik des Bahnhof Icking integrierte man in das Stellwerk Wolfratshausen. Weiterhin wird das Stellwerk Ebenhausen-Schäftlarn durch den Fahrdienstleiter Wolfratshausen ferngesteuert und ist somit in der Regel unbesetzt. Den früheren Bahnhof Hohenschäftlarn wandelte man in einen Haltepunkt um.

Die Inbetriebnahme der neuen Signaltechnik für den Bahnhof Großhesselohe Isbf verzögerte sich etwas und erfolgte erst am 2. März 1982, wobei die Weichen und Signale seitdem vom Stellwerk Mü-Mittersendling aus ferngesteuert werden.

Die Bahnstromversorgung war für die Anbindung der Isartalbahn an das S-Bahn-Netz und dem damit verbundenen Einsatz der leistungsstarken ET 420, der Taktverdichtung auf 20 Minuten sowie der höheren Geschwindigkeit nicht ausgelegt. Die Fahrleitung im 1959/60 elektrifizierten Abschnitt Höllriegelskreuth – Wolfratshausen war in einfacher windschiefer Bauart ausgeführt und verwendete hierfür teilweise altbrauchbare Bauteile. In zweijähriger Bauzeit rüstete man die Strecke mit einer Regelfahrleitung für die neue Höchstgeschwindigkeit von 100 bzw. 120 km/h statt bisher 80 km/h aus. Zwischen Höllriegelskreuth und Wolfratshausen tragen die  Fahrleitungsmasten zusätzlich eine 15-kV-Speiseleitung. Der höhere Strombedarf machte ein zusätzliches Unterwerk notwendig, das man in Wolfratshausen errichtete. Es wurde über eine neue 19 Kilometer lange Stichleitung an die 110-kV-Bahnstromleitung  Kochel – Rosenheim angeschlossen.

Die Gesamtkosten für den Streckenausbau und den Südstreckentunnel an der Donnersberger Brücke beliefen sich auf 136 Millionen DM. Am 31. Mai 1981 konnte dann die S 7 eröffnet worden und schloss nun die frühere Isartalbahn umsteigefrei an die Münchner Innenstadt an. Gleichzeitig war mit diesem Projekt die 1. Ausbaustufe der S-Bahn München abgeschlossen.
(Armin Franzke)

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Abb.: Eröffnungszug der S7 nach Wolfratshausen am 31. Mai 1981
Aufnahme: BD München

Bau der Isartalbahn

Isartalbahn in den Jahren 1891 – 1938

Von der Verstaatlichung 1938 bis 1960

Teilstilllegungen 1959 – 1995

Isartalbahn – Die wichtigsten Daten